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Unternehmenserwerb in Frankreich: Marktübersicht und aktuelle Entwicklungen
Der französische Markt ist durchaus attraktiv, seine Erschliessung kann aber ein langer Prozess sein.
M&A bietet eine vorteilhafte Alternative. Doch gibt es Potenzial dafür? Wie sieht der M&A Markt in Frankreich aktuell aus?
Warum Frankreich?
Frankreich ist ein riesiges Land. Es ist 1,5-mal so groß wie Deutschland, hat aber 20 % weniger Einwohner. Die Bevölkerung Frankreichs konzentriert sich um weit voneinander entfernte Ballungsräume und die Bevölkerungsdichte ist in Frankreich nur halb so hoch wie in Deutschland (122,3 Einwohner/Km² gegenüber 231,3).
Ein Viertel der Wirtschaft ist nach wie vor in Paris konzentriert, dennoch sollte die „Province“ nicht vernachlässigt werden. Es ist in der Tat oft relevanter und einfacher, unter anderem in Bezug auf die Verfügbarkeit von Humanressourcen, Ballungsräume wie Lyon, Lille, Straßburg, Nantes, Bordeaux oder Toulouse zu bevorzugen, um in Frankreich durchzustarten.
Einer der Hauptgründe, sich für den französischen Markt zu interessieren, ist natürlich das Marktpotenzial. Frankreich ist die 2. Wirtschaft der EU und die 7. Weltweit. Frankreich bildet einen Markt von über 67 Millionen Verbrauchern vor der Haustür Deutschlands. Frankreich ist 2020 Deutschlands drittgrößter Exportmarkt, nach den USA und China, und ist Deutschlands zweitgrößter Handelsüberschussmarkt, auch wenn die Handelsvolumen zwischen Frankreich und Deutschland während der Pandemie um 15 % zurückgegangen sind. Wenn Sie also nicht direkt mit Frankreich handeln ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Ihre deutschen Key Accounts es tun und interessiert sein werden, dass Sie sie dort begleiten. Frankreich ist aber auch der 6. größte Exporteur von Waren und der 4. größte Exporteur von Dienstleistungen. Frankreich ist also nicht nur wegen der Größe seines Binnenmarktes für deutsche Investoren besonders attraktiv, sondern auch wegen seiner strategischen Lage, insbesondere im Hinblick auf die Märkte Südeuropas und Nordafrikas.
Wie sind die wirtschaftlichen Zukunftsaussichten?
Nach einem Rückgang des französischen BIPs um 8,7 % im Jahr 2020 aufgrund der COVID-19-Pandemie prognostiziert die OECD für Frankreich ein Wachstum von +5,5 % im Jahr 2021 im Vergleich zu 3,5 % für Deutschland, und von +4,0 % im Jahr 2022 im Vergleich +3,6 % für Deutschland.
Die Situation mit der Steuerlast und den arbeitsrechtlichen Schwerfälligkeiten, die Frankreich historisch gekennzeichnet haben, hat sich seit einigen Jahren auch verbessert und weitere Verbesserungen sind geplant, insbesondere die Senkung der Produktionssteuern (20 Mrd. über 2 Jahre) und der Körperschaftsteuer (25 % in 2022).
Auch auf der Kostenseite hat Frankreich einige Wettbewerbsvorteile gegenüber Deutschland. Im verarbeitenden Gewerbe sind die Lohnkosten im Jahr 2020 tatsächlich um fast 5 % niedriger und vor allem die Stromkosten sind, je nach Verbrauchsvolumen, zwischen 30 und 50 % günstiger in Frankreich als in Deutschland.
Auch die Qualität der Infrastrukturen (Verkehr, Telekommunikation, Energie, etc.), sowie die technischen und akademischen Kompetenzen, insbesondere in der Ausbildung von Ingenieuren, werden oft von deutschen Investoren gelobt.
In Frankreich wird Innovation und Kreativität schon seit vielen Jahren durch besonders interessante öffentliche Maßnahmen unterstützt, z.B. die Forschungs-Steuergutschrift (die 30 % der F&E-Ausgaben bis zu 100 Millionen Euro entspricht, 5 % darüber hinaus) und die Innovations-Steuergutschrift (die 20 % der Ausgaben von KMUs die in die Entwicklung neuer Produkte, Prototypen oder Pilotanlagen investieren bis zu 400.000 Euro entspricht).
Als Folge der COVID-19-Pandemie hat die französische Regierung ein 100 Mrd. Euro schweres Konjunkturprogramm entschieden, dass über 2 Jahre läuft. Dieses besteht aus drei Hauptmaßnahmen:
- Wettbewerbsfähigkeit: 34 Mrd. Euro werden in Steuersenkungen und Förderung von Investitionen in der Digitalisierung sowie anderen innovativen Bereichen investiert.
- Energiewende u. Ökologischer Wandel: 30 Mr. Euro werden im Transportwesen, im Verkehr und in der Logistik, in der Renovierungen und Wärmedämmung, sowie in der Energietransition von Unternehmen investiert.
- Sozialer und territorialer Zusammenhalt: 36 Mrd. Euro werden in der Förderung von Aus- und Fortbildungsprogrammen, in der Einstellungsförderung von jungen Menschen, in regionalen Investitionen oder in der besseren Unterstützung des Gesundheitssystems investiert.
Warum externes Wachstum?
Es gibt 3 Hauptgründe dafür, dass ein deutsches Unternehmen externes Wachstum für die Expansion auf dem französischen Markt in Betracht ziehen sollte.
Externes Wachstum ist effizienter als der Export
Mit der Übernahme eines französischen Unternehmens wird alles in blau-weiß-rot umlackiert. Die lokalen Teams ermöglichen eine bessere und schnellere Anpassung des Produktangebots, eine einfachere und schnellere Bereitstellung der erwarteten Kundenservicequalität, das Umgehen eines gewissen lokalen Ethnozentrismus. So ist man von Anfang an mehr im Einklang mit dem französischen Vertriebs- und Marketingstil.
Aus zeitlichen und strategischen Gründen: externes Wachstum geht schneller als die Gründung einer lokalen Tochtergesellschaft
Das Erreichen eines signifikanten Marktanteils ist in einem umkämpften Verdrängungsmarkt ein langer Weg.
Insbesondere Key Accounts und öffentliche Auftraggeber erfordern die Anerkennung und Listung, lange und kostspielige Anteriorität und Bekanntheit, die man sich einfach mit der Übernahme eines bestehenden Unternehmens sparen kann.
Bei der Gründung und Entwicklung einer Lokalen Tochtergesellschaft kommt es oft zu Schwierigkeiten beim Management des französischen Teams, mit einer anderen Kultur und Mentalität und gemäß den französischen Verwaltungs-, Sozial- und Betriebswirtschaftsregeln.
Man stützt sich auf das Image, die Marktpräsenz, die kommerziellen, technischen und Service-Kapazitäten einer lokalen Struktur mit Rang und Namen und braucht sie nicht zu bauen.
Aus Gründen der Einsatzsteuerung und Risiko-begrenzung im Vergleich zu Allianzen o. Partnerschaften.
Partnerschaften, auch wenn sie auf formellen Vereinbarungen oder Verträgen basieren, beruhen immer auf dem guten Willen der Parteien und ihrer Verfügbarkeit.
Meister an Bord zu sein ist nach wie vor der beste Weg, sein Schicksal zu steuern und zu kontrollieren
Gibt es Potenzial für externes Wachstum in Frankreich?
In Frankreich gibt es Schwellenwerteffekte bei der Anzahl der Beschäftigten, die Unternehmer nur ungerne überschreiten: ab 50 Beschäftigten ist man zum Beispiel verpflichtet, einen Betriebsrat einzurichten.
Das hat unter anderem dazu geführt, dass es viele kleine und kleingebliebene Unternehmen in Frankreich gibt die nicht unbedingt die Mittel haben neue Märkte zu erschließen, Knowhow zu akquirieren, ihre Sortimente zu erweitern und Bestandskunden zu binden und zu begleiten.
Es gibt in der Tat nur 5.000 ETI (zw. 250 und 5.000 MA, unter 1,5 Mrd. € Umsatz) im Vergleich zu 10.000 in Deutschland und davon sind sogar 20 % unter ausländischer Kontrolle.
Die Nachfolgeproblematik ist in Frankreich, sowie in Deutschland, ein brennendes Thema. Jährlich sind in Frankreich 60.000 Unternehmen davon betroffen (davon 50.000 unter 10 Mitarbeiter, 5.000 zw. 10 und 50 MA. und 5.000 über 50 MA.). Ein Drittel der Firmeneigentümer in Frankreich ist über 50 Jahre alt. In den nächsten 10 Jahren sind es also 700.000 Unternehmen, die von der Nachfolgeproblematik betroffen sind.
Was aber Frankreich von Deutschland unterscheidet ist, dass 51 % dieser Firmen an externe Investoren verkauft werden. In Deutschland bleiben 54 % der Unternehmen im Familienbesitz, 21 % werden an einen vom Eigentümer bekannten Investor verkauft, 13 % gehen an Mitarbeiter im Rahmen eines MBO und nur 12 % werden an einen Dritten verkauft.
Hinter diese Realität stecken Mentalitätsaspekte. Die Franzosen sind individualistischer, Sie haben weniger Bedenken beim Verkauf ihres Lebenswerkes, weniger Bindung an die Gemeinschaft. Es gibt aber auch steuerliche Gründe: der Höchststeuersatz von 45 % gilt bereits ab 1,8 Millionen Erbschaftswert, in Deutschland sind es 30 % ab 26 Mio. €. Der Steuerfreibetrag beträgt nur 100.000 Euro, in Deutschland 400.000 Eur. Beispiel: die Übertragung eines Unternehmens im Wert von 7,5 Millionen Euro kostet in Deutschland 1,6 Mio. € Steuern, in Frankreich sind es 3 Mio. €.
Der Markt für Private Equity und Venture Capital ist also da. Das Risikokapital wiegt in Frankreich, bezogen auf das BIP, doppelt so viel wie in Deutschland (FR 0,075% – DE 0,039%).
M&A Jahr 2020
Anzahl und Wert der M&A Transaktionen sind im Jahr 2020 weltweit gesunken, auch in Frankreich und in Deutschland.
Laut pwc waren es 2020 in Frankreich nur noch 2.400 Transaktionen gegenüber 4.100 in 2019 (in Deutschland 3.800 gegenüber 4.800). Der Durchschnittswert ist aber in Frankreich gestiegen, angetrieben durch einige wenige große Deals. Durch den ersten Lockdown wurden einige Transaktionen gestoppt, die erst vor dem Sommer fortgeführt wurden. Die Aktivitäten der M&A Berater ist im letzten Quartal 2020 wieder deutlich gestiegen und wird bestimmt zu einer Erhöhung der Transaktionen im Jahr 2021 führen, jedoch schätzungsweise nicht zu dem Niveau von 2019.Das verarbeitende Gewerbe und die B2B-Dienstleistungen waren die Bereiche mit den meisten Transaktionen, laut Dealsuite auf Basis der Deals die durch eine Auslese von 300 M&A Beratungsfirmen begleitet wurden. Im Laufe des Jahres 2020, haben aber beide Bereiche an Bedeutung verloren zugunsten der Bereiche Hotelgewerbe, Gastronomie & Tourismus, E-Commerce, Gesundheitswesen & Pharma, sowie Bau & Installationstechnik. Jeder fünfte Deal betraf in der 2. Hälfte des Jahres Unternehmen die in Rückgang bzw. Schwierigkeiten geraten waren.
60 % der Transaktionen die pwc im Jahr 2020 in Frankreich zählt waren von ausländischen Investoren getätigt, das sind 6 Punkte mehr als 2019. Die deutschen Investoren standen allerdings im Jahr 2020 nur auf Platz 6, nachdem sie im Jahr 2019 auf Platz 3 standen. Die Bereiche IT, Medien/Telekom und Industrie sammeln fast 2/3 der deutschen Deals in Frankreich.
In Bezug auf die Deals-Bewertung gab es 2020 in den meisten Branchen einen deutlichen Rückgang der Multiplikatoren im Vergleich zu 2019 im Segment der kleinen und mittleren Deals, begleitet von den von Dealsuite befragten M&A Beratern. Das durchschnittliche Multiple betrug in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 5,35 in Frankreich (5,90 in Deutschland).Laut Argos Index sind die Multiples seit Anfang 2021 wieder um 1 bis 3 Punkte höher geworden mit Transaktionen, die in bestimmten Branchen über 10x Mal das EBITDA bei Deals von strategischen Investoren und sogar über 12x das EBITDA bei Deals von Investmentfonds erreicht haben.
Deutsche Unternehmen in Frankreich
Ca. 28.000 Firmen in Frankreich haben eine ausländische Mehrheitsbeteiligung. Dies entspricht 1,9 Millionen Arbeitnehmer.
Diese 1 % der in Frankreich ansässigen Unternehmen machen 11 % der Beschäftigten, 21 % des Umsatzes, 22 % der F.u.E.-Ausgaben und 31 % der Exporte Frankreichs aus.
Laut Business France haben 5.000 Betriebe in Frankreich eine deutsche Beteiligung und beschäftigen ca. 320.000 Angestellte. Die größten deutschen Arbeitgeber in Frankreich sind, in absteigender Reihenfolge: Lidl (30.000 Arbeitsplätze), Aldi (16.000), Allianz (9.000), Robert Bosch (7.300) und Siemens (7.000).
Im Jahr 2020 wurden 1.215 ausländische Investitionsprojekte in Frankreich registriert (52 % davon waren Neuansiedlungen, 48 % Erweiterungen oder Übernahmen) davon 201 deutscher Herkunft die mehr als 1 Projekt von 6 ausmachten und deutsche Investoren auf 2. Rang hinter US-Amerikanische platzierten. Bemerkenswert ist, dass 27 % dieser Projekte im produzierenden Gewerbe waren, in Bereichen wie: der Maschinen- und Anlagenbau, die Energie- und Recyclingbranche, die Automobilbranche sowie die Elektro- und IT-Branche.
Weltweit sind neue ausländische Direktinvestitionsprojekte im Jahr 2020 um 33 % zurückgegangen und in Europa sogar um 39%. In Frankreich betrug der Rückgang 17 %. 2020 bleibt das zweitbeste Jahr nach 2019 in Bezug auf die Anzahl der in Frankreich eingegangenen ausländischen Direktinvestitionen. Neue deutsche Investitionen in Frankreich sind nur um 12 % gesunken.
Die französischen Regionen mit den meisten deutschen Niederlassungen und Investitionsprojekten sind: Ile-de-France (Großraum Paris), Grand-Est (Elsass, Lothringen und Champagne-Ardenne) und Auvergne-Rhône-Alpes (mit Hauptstädten wie Lyon, Grenoble, St Étienne, Clermont-Ferrand).
Betrachtet man nur die 1.400 Unternehmen in Frankreich, die einen einzigen Anteilseigner mit Sitz in Deutschland haben, so ist es die Region Grand-Est, die im Vergleich zu ihrem Gewicht am BIP die meisten deutschen Niederlassungen hat (24,2 % der Tochtergesellschaften für 6,9 % des französischen BIP).
Weitere Informationen zu dem französischen Markt finden Sie hier.
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