Rekrutierung eines Vertriebsmitarbeiters in Frankreich

Rekrutierung und Bindung von Außendienst-
mitarbeitern

Frédéric Berner, Geschäftsführer der Französischen Handelskammer in Deutschland CCFA e.V., in Zusammenarbeit mit KPMG

Händler können – genau wie freie Außendienstmitarbeiter – zum Vertrieb von Standardprodukten eingesetzt werden. In Frankreich werden viele Außendienstmitarbeiter ausgebildet. Diese verfügen über ein fundiertes Marketingwissen und sind für die telefonische Direktakquise geschult worden.
Aus diesen Absolventen werden oft aggressive Verkäufer, echte „Hunter“ (Jäger) und eloquente Key Accounts Manager (KAM), was bedeutende Auswirkungen auf die Frage der Organisation des Vertriebs hat.

Wichtig: Weibliche Außendienstmitarbeiter werden in Frankreich ohne weiteres akzeptiert.

Rekrutierung

Franzosen verlassen gerne ihren Job, und Aufstiegs- möglichkeiten gibt es hauptsächlich durch ständigen Jobwechsel. Aus diesem Grund ist die Mitarbeiterfluktuation, besonders im Außendienst, drei Mal so hoch wie in Deutschland. Nach der Einstellung ist es jedoch wichtig, sofort für die Personalbindung zu sorgen.

Suchmethoden:

  • Anzeigenschaltung in Printmedien:

Anzeigenschaltung in Printmedien werden kaum noch genutzt.

  • Anzeigenschaltung in Onlinemedien:

Frankreich zeichnet sich durch eine besondere Jobbörsenvielfalt aus.
Die einzelnen Preise sind zwar ähnlich wie in Deutschland, allerdings bieten die meisten Medien nur einzelne Regionen an, so dass eine flächendeckende Anzeigenschaltung sehr kostenaufwändig sein kann.
Eine gute nationale Abdeckung bedarf der Schaltung mehrerer Medien, wobei sich die Durchschnitts- kosten auf ca. 4.000 Euro belaufen.

  • Headhunting

Franzosen fühlen sich selbstverständig durch eine Ansprache in Verbindung mit einem Jobangebot geehrt. Außerdem ist, im Gegensatz zu Deutschland, die Gefahr eines „Counter Offers“, das heißt eines Gegenangebotes des aktuellen Arbeitgebers sehr gering, da französische Arbeitnehmer nicht systematisch ihrem Arbeitgeber ihr Wechselvorhaben kommunizieren.
Daher ist Headhunting in Frankreich wesentlich ergiebiger als in Deutschland.
Diese Rekrutierungsmethode ist somit sowohl zur Besetzung außergewöhnlicher Positionen, als auch bei der Suche nach dem „Vertriebsmitarbeiter der ersten Stunde“ zu empfehlen.

Profildefinition

Bei der Definition des Profils sollte folgendermaßen priorisiert werden:

  • Branchenerfahrung und Vorhandensein eines bestehenden Kundenstammes bzw. von Kontakten,
  • Produkterfahrung (insbesondere bei technischen Produkten),
  • Vertriebserfahrung und echte „Jäger- Eigenschaften“,
  • Sprachkenntnisse: Hochschulabsolventen sprechen in der Regel Englisch. Deutsch sollte nur als „nice to have“ angesetzt werden, denn in Frankreich wird diese Sprache immer weniger gelernt.
  • Oftmals stellt der Parameter „Sprache“ ein Ausschlusskriterium dar. Das ist jedoch eine Zunächst sollten die beruflichen Parameter wie Branchen- und Produkterfahrung berücksichtigt werden.

Aufbau der Bewerberansprache und Anzeigengestaltung

Ganz gleich, ob man die Rekrutierungsmaßnahme per Anzeigenschaltung oder Direktansprache gestaltet, um interessante Bewerbungen zu generieren, bedarf es stets einer attraktiven Ansprache (die Aufgabe: eine Herausforderung beschreiben, Karriereplan, Vertriebsunterstützung). Deutsche Anzeigen sind meistens sehr fachbezogen.

Bewerberauswahl

Franzosen praktizieren eine Art Flaschenpost (« La bouteille à la mer »), in der Hoffnung, dass irgendjemand irgendwann zugreifen und ihnen die Chance einer neuen Herausforderung geben wird.
Aus diesen beiden Gründen erhält man viele Bewerbungen, die meistens nicht passend sind. Somit gilt es im Zuge der Bewerbervorauswahl die  Exoten, die oftmals einen Anteil von bis zu 80 Prozent darstellen, herauszufiltern.
Um sich einen fundierten Eindruck verschaffen zu können, muss man unbedingt mit dem jeweiligen Bewerber ein Telefoninterview führen.
Gerade wenn es um den „Mann der ersten Stunde“ geht, braucht man einen Mitarbeiter, der idealerweise Erfahrungen im kaufmännischen Bereich, Marketing- erfahrung, bestehende Kontakte, Managementkenntnisse und Organisationstalent mitbringt.

Projektplanung

Profildefinition KW 0
Anzeigenschaltung + 1 Woche
Eingang der Bewerbungen + 4-6 Wochen
Vorauswahl, Kontaktaufnahme + 2 Wochen
Telefonische Qualifikationsgespräche + 3 Wochen
Graphologisches Gutachten + 1 Woche
Persönliche Bewerbungsgespräche + 2 Wochen
Zweite Bewerbungsgespräche + 1 Woche
Vertragsunterschrift + 2 Wochen
Gesamtdauer 16 bis 18 Wochen

Budgetierung

Ein wesentlicher Unterschied zu Deutschland ist, dass bei „Basis-Außendienstmitarbeitern“ der variable Anteil den größten Teil des Gehaltes eines Außendienstmitarbeiters darstellen kann.
Selbstverständlich gilt dies nicht für den Vertrieb im B2B -Bereich bzw. auf Key Account-Ebene.

Beispielhafte Jahresgehälter

Leitende Manager
Key Account Manager 78.000
Regionaler Verkaufsleiter 74.000
Projektleiter 75.000
Marktforschungsmanager 70.000
Qualitätssicherung 61.500
Verkaufsleitung Innendienst 61.000
Fachkräfte und Spezialisten
Vertriebsingenieur 70.000
Wirtschaftsingenieur 51.000
Sachbearbeiter im Innendienst 41.500

Dabei kann der variable Anteil 6 bis 25 Prozent des Zielgehaltes betragen.
Vorsicht: Besteht das Einkommen eines festangestellten Außendienstmitarbeiters zum Großteil aus einem variablen Anteil, so kann dieser in den Genuss des VRP-Status gelangen und dementsprechend im Falle der Kündigung einen Ausgleichsanspruch von zwei Jahren Gehalt in Höhe der durchschnittlichen Provision der letzten fünf Jahre beanspruchen.
Provisionen sind zwar immer noch die gängigste Variante variabler Vergütungssysteme, allerdings gewinnen Bonuszahlungen immer mehr an Bedeutung. Die Einführung von Boni (die nicht unmittelbar vom Umsatz, sondern von der Erreichung des Jahreszieles abhängen) ist empfehlenswert, da diese jährlich neu festgelegt werden können.

Einweisung und Führung von Außendienstmitarbeitern

In Frankreich werden die Außendienstmitarbeiter ganz gezielt auf Kaltakquise trainiert, nach dem Motto „wenn man nicht zur Tür hineinkommt, dann eben durchs Fenster“.
Vorteil: Daraus entstehen echte Jäger, die relativ aggressiv auf ihre Verhandlungspartner zugehen.
Nachteil: Ihr Verkaufsverhalten orientiert sich stark an Kundenwünschen, wodurch die Margen- erwartungen der Unternehmen nicht aggressiv genug vertreten werden.
Dieses kundenorientierte Verkaufen entspricht zwar den Erwartungen der französischen Zielunternehmen, kann aber zur Folge haben, dass die Außendienstmitarbeiter zu sehr auf Individual- lösungen eingehen, die jedoch möglicherweise schwer oder auch gar nicht umsetzbar sind und bei der Preiskalkulation, bei der Projektarbeit usw. einen hohen Zeitaufwand verursachen.
Die Akquise muss dementsprechend kanalisiert werden. Blinder Aktivismus muss vermieden werden, indem man die Außendienstler steuert. Da Die Franzosen allerdings ihren Freiraum brauchen, ist ein „softes“ Vorgehen bei der Vertriebssteuerung empfehlenswert. Andernfalls läuft man Gefahr, dass Dienstanweisungen umgegangen werden.

Für die Steuerung gibt es mehrere Mittel:

Schulung:

In Deutschland ist meistens die Schulung ein fester Bestandteil der Einarbeitung. Die Franzosen glauben, sie kämen mit allem zurecht und könnten sich später immer noch mit Details auseinandersetzen. Deswegen investieren Französische Unternehmen nicht so viel in Schulungen wie es in Deutschland der Fall ist.

Industriemarketing mittels Business Cases:

In Frankreich ist der Vertrieb „kundenorientiert“ und nicht „produktorientiert“. Das heißt, Verkaufs- verhandlungen sollten nicht mit der Vorstellung des Unternehmens, der Produkte und Alleinstellungsmerkmale begonnen werden, sondern mit einer „Kennenlernphase“ und einer intensiven Befragung.

Coaching:

Besonders bei einer Neueinstellung sollte man die Außendienst-mitarbeiter in Form einer intensiven Vor-Ort-Unterstützung zu den Kunden begleiten. Dabei geht es nicht darum, zu zeigen, „wie es geht“. Denn – wie bereits bekannt – sind französische und deutsche Verkaufstechniken sehr unterschiedlich. Grundsätzlich sollte er auf seine übliche Art die zwei ersten Etappen des Verkaufsgesprächs führen: die erste Phase des persönlichen Kennenlernens; die zweite Phase der Bedarfs- und Motivationsanalyse, also der Befragung.

Tourenplanung:

Aufgrund der geringen Lieferantentreue müssen die Kunden in regelmäßigen Abständen besucht werden, um zu überprüfen ob ein Projekt im Gangeist oder nicht. Ansonsten läuft man Gefahr, Aufträge zu verlieren, insbesondere wenn es sich um nicht strategische Einkäufe handelt. Das bedeutet eine permanente Präsenz bei den Kunden.

Zielvogaben:

Langfristige Effizienz bedarf Zielstrebigkeit. Die Franzosen sind es gewohnt, mit ihren Mitmenschen im Wettbewerbsverhältnis zu stehen. Sie wollen an persönlichen und individuellen Zielen gemessen werden. Außerdem brauchen sie eine größtmögliche Autonomie und dementsprechend auch ergebnis-orientierte Zielvorgaben, zum Beispiel Key- Performance-Indikatoren (KPIs).

Reporting:

Franzosen erstellen nur ungern Tätigkeitsberichte zur Anzahl der telefonisch angesprochenen Unternehmen, zur Anzahl der geplanten oder getätigten Besuche, zur Anzahl der Angebote, zu offenen Angeboten mit Erfolgsprognosen, usw. Sie sind der Meinung, dass sie nicht anhand ihrer Alltagsabläufe, sondern anhand ihrer Ergebnisse bewertet werden sollten.

Vertriebsmeetings:

Bei den Individualisten geht es nicht um Teamarbeit, sondern im Wettbewerb. Der Vergleich mit den Andern ist ein fester Bestandteil aller sozialen Beziehungen. Das Vertriebsmeeting ist ein Anlass zur „Emulation“ – ein Ansporn, mit dem man den Kampfgeist stimulieren möchte. Man hält den Wettbewerb unter den Mitarbeitern dadurch hoch, dass persönliche Leistung besonders anerkannt und Champions gefeiert werden.

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